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Sassnitz hat seinen Küstenwanderweg zum Königsstuhl, Göhren seinen Wanderweg zum Nordperd und Binz? Wer in Binz von der ehemaligen Mündung der Aalbäk - zwischen Haus Colmsee und Stranddistel - in Richtung Fischerstrand geht, erreicht schon bald eine Treppe zum Hochuferweg. Hier an der Steilküste der Granitz geht es in Richtung Sellin. Und diesem Pfad soll zunächst unser heutiger Streifzug über die Insel Rügen gelten.

Über die Granitz ist auch hier schon viel geschrieben worden. Ihre Lage zwischen den Seebädern Binz und Sellin sowie die Bedeutung des Namens, welcher auch die Funktion als "Grenzholz" oder "Grenzwald" zwischen verschiedenen Gebiete - u. a. dem Ländchen Streu und dem Kirchspiel Vilmnitz - beschreibt, ist bekannt. Irritationen gibt es allerdings immer wieder über die Größe dieses Waldgebietes. Im Jahre 1695 von schwedischen Landvermessern mit 1.610 Morgen und 90 Ruten - also etwa 1.055 ha - angegeben, hatte die Granitz vor etwas über hundert Jahren schon etwa 1.122 ha zugeschrieben bekommen. Heute ist von 982 ha die Rede. Allerdings beziehen sich diese auf das unter Naturschutz stehende Waldgebiet.

Geprägt ist es vor allem an der Steilküste von Buchen und Eichen, aber auch Fichten, Erlen, Linden und Ahorn finden sich, wie übrigens auch Birken. Wer nun den äußeren Küstenwanderweg nutzt, dem öffnen sich zeitweise die unterschiedlichsten Sichtachsen. Aber auch Hohlwege als Schluchten führen am Anfang immer wieder zur offenen See, so dass sich ein weiterer Wechsel der Perspektive für den Wanderer anbietet, um einen Blick zurück - zum Seebad Binz - oder voraus - zum Steilufer zu werfen. 

Wir folgen dem Küstenwanderweg in Richtung Osten. Zunächst kommen wir dabei an die sogenannte "Teufelsschlucht", die als Hohlweg in Richtung Strand verläuft und einst sogar überbrückt war. Dann geht es weiter zu einer Landspitze. Dieser erste bedeutende Vorsprung ist der "Silvitzer Ort", wo die Steilküste auf etwa 21 Meter über dem Meeresspiegel ansteigt. Der Name ist slawisch und könnte sich, so jedenfalls auch der Rügensche Heimatforscher Prof. Dr. Alfred Haas, auf Salz beziehen. 

Allerdings ist diese Deutung umstritten. Unbestritten ist dagegen, dass sich hier zwei sehr schöne Aussichtspunkte - gutes Wetter vorausgesetzt - befinden: "Elsbeths Ruh" und "Annas Ruh". An dieser Stelle kommen wir auch hier wieder mit dem schon öfter behandelten Thema Burgwälle in Berührung. Denn Johann Jacob Grümbke meinte: 

"Wälle und Schanzen gibt es in der Granitz drei, die sämtlichst nicht weit vom Meere auf den Uferhöhen des Silvitzer und Granitzer Ortes liegen..." 

Allerdings wandte sich ein bekannter Prähistoriker bereits kurz darauf gegen diese Sichtweise: Friedrich von Hagenow. Er meinte, dass die vielen gerade um den Silvitzer und Granitzer Ort zu findenden Erdrücken keineswegs künstlich durch Aufschüttung entstanden sind, sondern natürlichen Ursprungs seien. Mit dieser Auffassung stand er nicht allein. Doch wer hatte recht? Grümbke oder von Hagenow? Die Antwort: Ob es hier wirklich von Menschenhand aufgeschüttete Wälle oder Schanzen gab, ist nicht mehr feststellbar, da es vor allem an der Küste zwischen dem Silvitzer und Granitzer Ort sowie auch in Richtung Schanzenort zahlreiche Abbrüche gab. 

Beispielhaft seien in diesem Zusammenhang die Sturmfluten vom November 1864, Dezember 1868, November 1872, Dezember 1904, Dezember 1913 oder Januar 1914 genannt. Sie alle haben eine Kraft der Zerstörung entfaltet, die meterlange Abbrüche der Steilküste zur Folge hatten. Bis heute sieht man immer wieder neue Abbrüche. Diese regelmäßigen Landverluste hatten auch zur Folge, dass der Küstenwanderweg immer weiter landeinwärts verlagert werden musste - vergleichbar mit der Verlegung des Küstenwanderweges am Hengst auf der Halbinsel Jasmund (s. auch Streifzug an der Küste Jasmunds). 

Nach dem Silvitzer Ort passieren wir ein Revier, dass heute nur noch allgemein als "Kalkofen" bezeichnet wird. Seine ursprüngliche Bezeichnung ist jedoch "Plamp". Es war der Name einer Kalkbrennerei, die Graf Moritz Ulrich zu Putbus am Hohen Ufer nach 1720 angelegt haben soll. Die Kreide, aus welcher der Kalk gebrannt wurde, befand sich jedoch unten am Strand. Als einer der bekannten Kalkbrenner gilt zu jener Zeit Halliger. Jedoch hat die Brennerei wohl nicht lange Bestand gehabt - für das Jahr 1767 werden nur noch fünf Bewohner erwähnt und in der Folge ist sie bald eingegangen.

Nachdem wir schon einige Aussichtspunkte für den Blick auf die See in Richtung Jasmund und auf die Prorer Wiek kennen gelernt haben, kommt nun ein weiterer dazu: "Kieköwer"- Der Name des Ortes beschreibt bereits, worum es geht. - "Schau rüber" - Er befindet sich etwa 800 Meter vor dem Granitzer Ort.

500 Meter nördlich davon in Richtung See ist das Saalreff. ein Steinriff. Hier liegen in einer Tiefe von etwa 2,0 bis 2,5 Meter Tiefe eine Menge an Steinblöcken, die bei weniger Wasserstand aus dem Wasser ragen und dann Seevögel zum Ausruhen einladen. Der Name selbst jedoch ist ebenfalls plattdeutsch und bezieht sich auf den "Saal" oder "Saalhund", also den Seehund. Einst hatten auch die Seehunde auf dem damals etwa 85 Meter im Durchmesser messenden Riff ihre Schonplätze eingenommen. Allerdings hatte das Riff noch eine weitere Bedeutung: Als es in Sassnitz noch keinen Hafen gab, suchten Jachten und kleine Schiffe bei Ost- und Nordost-Wind hinter dem Saalreff ("Seehundsriff") Zuflucht. Übrigens: Das zum Saalreff liegende Ufer bezieht sich auch darauf. Es heisst: "Saalsöwer" (gleichbedeutend mit "Seehundufer").

Wir folgen weiter dem Küstenwanderweg und gelangen schon bald zum "Granitzer Ort". Dieser befindet sich etwa 35 Meter über dem Meeresspiegel - zwischen dem bereits erwähnten und passierten "Kieköwer" und dem "Falkenberger Ufer". Auch hier hat es in der Vergangenheit zahlreiche Abbrüche gegeben. Doch lassen wir an dieser Stelle auch noch einmal den Rüganer Grümbke zu Wort kommen:

"Dies Vorgebirge ist äußerst wild, oben und an seinem Abhange mit buchen und schlanken Tannen bewachsen. auch ziemlich hoch und steil, jedoch nicht so zerfetzt und voller Spalten, wie die vorbeschriebenen Uferspitzen. Es besteht fast bloß aus gelbem Sande, gewährt aber dennoch einen pittoresken Anblick..."

Der Namensbezug "Ort" ist - so viel soll auch hier noch festgehalten werden - eine auf der Insel Rügen übliche Bezeichnung für Vorsprünge bzw. Landspitzen. Unser weiterer Weg vom Granitzer Ort (Anm.: südlich lassen wir die "Roggenicker Berge" liegen) führt uns an den "Schanzenort". Diese Uferpartie befindet sich südöstlich der Landspitze und bezieht sich auf die dort gelegene Schanze, die Grümbke - wie eingangs bereits mit seinen Abhandlungen zu möglichen Schanzarbeiten angesprochen - als "Schanzenberg" bezeichnete.

Noch ein Stückchen weiter kommen wir nun zum Falkenberg. Die Anhöhe lag einmal 78 Meter über dem Meeresspiegel thronend. Nordwestlich des "Schwarzen Sees" bietet sich auch heute noch einen einmaligen Ausblick auf die Ostsee und bis zur Selliner Seebrücke mit seiner Tauchgondel. 1887 ist hier die sogenannte "Waldhalle" errichtet worden. 

Das bei Wandertagen und Ausflügen beliebte Lokal ist allerdings auch längst Vergangenheit. Gut 100 Jahre nach seiner Errichtung aufgegeben und teilabgebrochen, kann man noch heute einige letzte Überreste in der Formation der Steilküste sehen. Bei unserem Besuch trug der Aussichtspunkt allerdings noch die Bezeichnung "Waldhalle".

Etwas weiter südlich gelangen wir dann schließlich an eine Wegegablung. Linker Hand geht es weiter nach Sellin - und somit auch in Richtung der Katharinenberge (Anm.: Mittig zwischen Granitzer Ort und Quitzlaser Ort / "Laser Ort" - davor im Meer das "Quitzlas-Riff", unfern vom Quitzlaser Ort auch der Krautberg). Geradewegs geht es in Richtung Binz - zum "Schwarzen See", dem Soldatengrab (s. Streifzug zur Dolge) und zum Jagdschloss Granitz (s. Streifzug zum Tempelberg). Wir wollen an dieser Stelle die weitere Wanderung wieder in Richtung Binz empfehlen. 

Entlang dem Hauptweg kommen wir schon bald zu einem  Abzweig (Anm.: linker Hand), der uns nach etwa 400 Metern an den "Schwarzen See" führt - örtlich ist er südwestlich vom Falkenberger Ufer und nordöstlich von den Frankenbergen (Anm.: Man unterscheidet den Kleinen und den Großen Frankenberg. Das Tal dazwischen nannte man "Frankengrund"). Zur Größe des Sees gibt es ebenfalls unterschiedliche Angaben, die auch den verschiedenen Zeiten seiner Aufnahme geschuldet sind. Heute wird der See auf ein Areal von 3 ha geschätzt. Seine tiefste Stelle wird mit etwa 10 Metern angenommen, wobei er eine Senke zwischen den ihn umgebenden Hügeln ausfüllt. Ob diese Höhenzüge, die immer mal wieder mit einem Burgwall in Verbindung gebracht werden, einst eine Bedeutung als solcher hatten, wird wohl unbeantwortet bleiben, da heute Grabungen unmöglich sind. Wie übrigens auch das Angeln hier strengstens verboten ist! Jedoch sei auch angemerkt, dass der See seit Jahrhunderten als fischreich gilt. Berichtet wurde u.a. von Hechten, Schleien und Karauschen... (Anm.: An dieser Stelle soll auch der Bauernhof "Schwartensee" noch Erwähnung finden. Der nach dem "Schwarzen See" benannte Hof soll sich einst am Südrand der Granitz befunden haben.) Zurück auf dem Hauptweg kommen wir nach einem weiteren Stück an die sogenannte "Kreuzeiche". 

Von dieser führt ein mit Betonplatten teilbefestigter Weg (immer auf den Höhenkuppen) in Richtung Norden. Hier kommen wir auch schon bald am "Postmoor" vorbei (Anm.: Es gibt hier auch einen Abzweig). Allerdings hat der Name selbst nichts mit der uns bekannten Form der Übermittlung von Schriftstücken zu tun. Stattdessen nimmt der Name Bezug auf eine Pflanze: Den Wilden Rosmarin. 

Dieser wurde, wie Prof. Dr. Alfred Haas anmerkt, als "Post" bezeichnet. An der Stelle des Moores soll früher einmal ein See gewesen sein. Die in der Nähe befindlichen Berge trugen die Bezeichnung "Postmoorberge". 

Ein Stückchen weiter - westnordwestlich - befindet sich übrigens der Heideberg. Seine Bezeichnung bezieht sich wiederum auf die sogenannte "Binzer Heide", wie das Waldrevier früher einmal bezeichnet wurde. Wir gelangen nun zurück auf den Hochuferweg und damit auch an den Binzer "Fischerstrand". Abschließend sei noch angemerkt, dass die fehlende Markierung bzw. Ausschilderung bei Gästen bisweilen Verunsicherung auf dem Hochuferweg auslöst. Auch sind auf dem Küstenwanderweg kaum Rastmöglichkeiten. Vielleicht wäre hier empfehlenswert, die Strecke bis zum Granitzer Ort entsprechend aufzuwerten.

(Der Inhalt der Beschreibungen stützte sich auf alte Aufzeichnungen von dem Rügenschen Heimatforscher Prof. Dr. Alfred Haas zur Granitz)


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