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Unser heutiger kleiner (und nachgereichter) Streifzug führt uns von Ralswiek aus in Richtung Bergen. Unser Ziel? Jarnitz, Bereits nach etwa 650 Metern erreichen wir den Dorfrand. Allerdings liegt der ursprüngliche Flecken des Einzelhofes noch ein paar hundert Meter weiter - am Niederungsrand zwischen den Patziger Heide-Bergen und der Näselow...


Während es geradezu nach Bergen geht, wenden wir uns nach rechts. Am ehemaligen Haus des Schweizers Rosenbaum vorbei, folgt eine weiße Fassade, wo einst der Schäfers Otto Stark lebte. Dann August Hahn, Agnes Stubbe... Gleich gegenüber den Doppelhaushälften des Dorfes früher die Gärten zugeordnet. Später kommen wir noch an den Häusern von Österreich, Ebner, Knüppel und David vorbei...


Nach einigen hundert Metern haben wir linker Hand zunächst den alten Obstgarten des Gutshofes passiert und schließlich auch den ehemaligen Gutshof, wo einst neben dem Gutshaus und der Schmiede die Wirtschaftsgebäude standen. Allerdings wurde ein erheblicher Teil, darunter die Schnitter-Unterkünfte, abgerissen. Das in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts errichtete Gutshaus steht allerdings noch - ein zweigeschossiger Bau. Er wurde als verputztes Backstein-Traufenhaus mit Eck-Bossen und Fachwerk im Obergeschoss errichtet. Ebenso steht noch ein Kornspeicher (Aufschrift an der Tür "Anno 1913") sowie die Mauern des alten Kuhstalls, in dem einst bis zu 60 Kühe gestanden haben sollen. Auch der Baumbestand des alten Parkes ist noch in Teilen zu bestaunen. Kaum bekannt ist heute allerdings vielen, dass das Korn von Jarnitz einst von hier mit einer Feldbahn, die 6 bis 8 Güterloren umfasste, zum Hafen nach Ralswiek transportiert wurde. Von dort ging es dann weiter mit  der "Käthe" - einem Schiff...


Rückblick: 1250 erstmals erwähnt als "Garemyn" kam der Flecken, nachdem es zunächst zum umfangreichen Besitz des Cisterzienserklosters um Bergen gehörte und über die wahrscheinlich älteste Mühle der Insel verfügte (angelegt um 1300), in Teilen - vor vielleicht 600 Jahren - in den Besitz der Familie von Normann. 

In dieser, hat Jarnitz eine herausgehobene Bedeutung erlangt, da deren Zweig - die "Jarnitzer" (so die Bezeichnung der Lebbin-Jarnitzer Linie) - unter den lebenden Generationen einst die meisten Glieder hervorbrachte. Allerdings entwickelten diese Familie, die schon früh die Geschichte der Insel - u.a. in den erfolgreichen Rügenschen Erbfolgekriegen gegen Heinrich von Mecklenburg - eingriff, eine Eigentümlichkeit, die uns heute nur noch durch die Familiengeschichte der Normanns in Erinnerung gerufen wird: Um die Zusammenlegung des Familienbesitzes zu fördern, ging man Mischheiraten ein, die auch in genealogischen Abhandlungen thematisiert wurden. Diese berichteten beispielsweise so darüber:

"Es nimmt nach allen denen Nachrichten über das viele Ineinanderheirathen der Familie v. Normann im Pommernlande und auf Rügen kein Wunder, dass fast in allen Linien, selbst bis "in die Neuzeit eine große Anzahl Geistesschwacher und Krüppel sich befinden..."

Zu den gebildeten Linien der Familie v. Normann zählten übrigens neben der bereits erwähnten "Jarnitzer", die "Dubnitzer", die "Tribbevitzer", die "Neuendorfer", die "Zützitzer", die "Tribberatzer" und die "Bantzelvitzer". 

Als Stammvater der "Jarnitzer" Linie gilt Tonnies oder Anton von Normann. Er war mit Ilsabe von Jasmund verbunden. Ob Anton von Normann bereits im Jahre 1326 in Jarnitz geboren wurde? Wir wissen es nicht. Was dagegen als sicher gilt: Er diente als Feldhauptmann dem König Wenzel von Böhmen und späteren Kaiser Karl IV. Nach der Wappensage erhob ihn dieser am 26. Mai des Jahres 1349 in den Freiherrnstand des Heiligen Römischen Reiches (deutscher Nation).  Er ordnete gleichzeitig die Bestätigung und Verbesserung für sein Wappen an. Tonnies begleitete den Kaiser später noch auf seinen Kriegszügen nach Oberitalien, Rom und Avignon. Durch Vermittlung von Karls IV. vierter Ehefrau Elisabeth, die Tochter des pommerschen Herzogs Bogislaw V. war, wurde er mit verschiedenen Gütern belehnt. Nach einigen Quellen soll er schon 1370 auf Jarnitz ansässig gewesen sein und starb hier um 1399. 

Neben ihm genossen auch weitere Mitglieder dieser Linie ein hohes Ansehen. Stellvertretend seien an dieser Stelle Johann Philipp von Normann, Rechtsritter des Johanniterordens und bestallter Hofmarschall des Prinzen von Preussen, genannt. Mitglieder der "Jarnitzer" waren bei entscheidenden Schlachten dabei - wie der spätere General-Major Carl Ludwig von Normann im Siebenjährigen Krieg oder der u. a . in englischen Diensten stehende Generallieutnant Johann Heinrich Ernst Gustav von Normann, der bei Waterloo und Quatrebras in den Auseinandersetzungen teilgenommen hat.

Die altväterlichen Güter, die zu den "Jarnitzern" gehörten, werden in dem Lehnsbriefe von 1685 wie folgt vermerkt: der Rittersitz Jarnitz, Neuendorf, Lubbin und Neuenkirchen. Ferner gehören auch Lebbin sowie Tribbevitz dazu. Ebenso sind Helle und Wobbeloyse durch Kaufverträge an die Jarnitzer Linie der Familie von Normann gekommen. Die im Lehnbriefe zudem erwähnten Güter Buschvitz, Burvitz, Pulitz und Hagen sind als Domänialgüter "reduciert" und eingezogen. Das alte Stammhaus Jarnitz mit sein Gutshof befand sich im Berger Kirchspiel und hatte die Qualität eines Rittersitzes. 

Über Jahrhunderte verband sich der Flecken nun also mit der Familie von Normann. 1816 wurde das Gut unter Christoph Balthasar von Normann auch Familienerbe, welches allerdings nach seinem Tode durch seine Kinder und Erben noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts an einen Herrn von Santen ging. Dieser hatte sich bereits 1828 - soviel wissen wir - mit Auguste von Normann verlobt. Am 30. Mai 1829 und am 17. Februar 1834 stellte sich auch Nachwuchs ein - in beiden Fällen wurden Jungen geboren. Von Santen - so können wir es alten Unterlagen entnehmen - betrieb in Jarnitz eine Aktiengesellschaft der rügenschen Stammschäferei, die zu jener Zeit ihre Schafe im benachbarten Bergen oftmals vor dem Gasthof Struck versteigerte. Bekannt ist ferner, dass es in Jarnitz bis in das 20. Jahrhundert eine Leistungsherde der pommerschen Schafzucht gab. 

In Verbindung mit dieser Schafzucht steht auch eine Überlieferung aus Strüßendorf über einen Wehrwolf. Dieser soll um Jarnitz sein Unwesen getrieben haben. Alle Nacht brach er einst in die Schafherden ein. Zwar hatte der Schäfer ihn schon ausgemacht und wohl auch mehrfach mit seinem Gewehr getroffen - allerdings ohne das ihm die Schüsse zu schaden schienen. Stets war der Wehrwolf mit seiner Beute entkommen. Deshalb hatte der Schäfer nun sein Schießeisen mit Kugeln aus Erbsilber geladen, um den Wehrwolf endlich zur Strecke zu bringen. Dieser ahnte wohl, was ihm blühte und verfolgte eine List: Er verwandelte sich in eine Menschengestalt, ging direkt auf ihn los und sagte in vertraulichem Ton: "Du wußt mih doch woll nich doodt scheeten!" - Der Schäfer war so benommen, dass er darauf das bereits angelegte Gewehr wieder absenkte. Der Wehrwolf soll nun nie wieder eine Jarnitzer Schafherde heimgesucht haben... 

Am 27. Juni 1855 wurde das Gut Jarnitz (mit Sabitz) als Vorwerk an den Kammerherrn und Freiherrn von Barnekow und 1891 an die Familie des Grafen Douglas verkauft. In dieser Zeit des wechselnden Besitzes hatte Karl Küther als Gutsstatthalter zwischen 1853 und 1903 auf Jarnitz gewirkt. Im Jahr darauf besuchten - wie aus einer alten Mitteilung zu entnehmen ist - etwa 50 Mitglieder der 1885 gegründeten Deutschen Landwirtschafts Gesellschaft (DLG), die sich auf einer Tournee durch Pommern befanden, das Gut des Grafen Douglas. 

Im Jahre 1907 haben bei Jarnitz sogar Brigade-Manöver stattgefunden: So berichtete das "Stralsunder Tageblatt", dass am 17. September Prinz Friedrich Leopold sich zum Manöverfeld unweit des Jarnitzer Hofes aufmachte. Hier stießen die rote Armee, bestehend aus dem 42. Infanterieregiment, mit einer Abteilung Feldartillerie und einer Eskadron Ulanen - von Samtens aus kommend in Richtung Patziger heide-Berge - auf die blaue Armee, bestehend aus dem Grenadier-Regiment Nr. 2 mit einer Abteilung Feldartillerie und einer Eskadron Ulanen - welche um Jarnitz herum Stellung bezogen hatte. Nach Umgehung des blauen linken Flügels und einigen Festnahmen folgte darauf der Rückzug. Am Ende des Manövers erfolgte die Auswertung und der Abmarsch in Richtung Bergen. Weitere "Gefechte" fanden auch um Putbus statt. Nachzulesen war übrigens auch, dass "Schlachtenbummler" diese verfolgten...

Graf Douglas soll das Gut Jarnitz später übrigens verpachtet haben - u. a. an Helmuth von Massow. Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Gutshaus in Jarnitz von mehreren Familien bewohnt. 1999 wurde es mit Nebengebäuden von der Treuhand Liegenschaftsgesellschaft (TLG) verkauft. Die neuen Eigentümer hatten um die Jahrtausendwende mit der Sanierung begonnen. Unweit des Gutshofes befindet sich übrigens die Störtebeckers "Kulissenschmiede"...

(Geschrieben in Erinnerung an einen unvergesslichen Familienausflug im März 2023)


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