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Wenn der Wind in diesen Wochen eisig am Kap Arkona bläst, dann nehmen wir dies sicher nicht als eine Belohnung an. Ganz anders war es natürlich vor 96 Jahren, als im August des Jahres 1921 Dr. Carl Schuchhardt, der Direktor der vorgeschichtlichen Abteilung des Museums für Völkerkunde in Berlin, sich im Verein mit anderen Gelehrten auf nach Pommern machte. Ihr Ziel damals: Die Nordspitze der Insel Rügen – ein magischer Ort...

Vielbesungen und sagenumwoben ist er seit Jahrhunderten – die ersten wissenschaftlichen Untersuchungen wurden bereits 1868 im Auftrag Sr. Majestät des Königs Wilhelm I. durchgeführt. Denn hier befand sich einst die Feste Arkun – das bedeutendste Heiligtum der Slawen. Im Jahre 1168 – also 700 Jahre zuvor - wurde die Tempelburg unter Führung des dänischen Königs Waldemar I. zerstört. Ein Sakrileg. Symbolisierte man doch stärker zu sein, als der hier verehrte Gott Swantevit. Was am Ende des 5. Jahrhunderts unter dem Merowinger Chlodwig begann, fand nun in den „Wendenkreuzzügen“ gegen die Slawen am Kap Arkona einen erneuten Höhepunkt...


Die Zerstörung der slawischen Heiligtümer auf Rügen durch die Christen in der Darstellung der Ereignisse auf der Burg Charenza. Das Sakrileg wurde von Franz Müller Münster (1867-1936) in Tempera auf Leinwand gemalt.

Otto Fock begann mit seiner Spurensuche damals an den beiden Enden des Walles, die durch zahlreiche Uferabbrüche freigelegt wurden. Gefunden wurden Holzteile und Kohlen. Es waren die morschen Reste eines Pfahl- und Plankenwerks, welches zum Teil verkohlt war. Nur zwei Jahre später machte man eine weitere Entdeckung: In der Stirnseite des Walles wurden neun Schichten von 1/8 Zoll starken Brettern freigelegt, die offensichtlich zur Befestigung dienten. Und im Inneren der Feste fanden sich – überdeckt von Boden – Urnenscherben, Tierknochen, Kohlen sowie Steine und Mörtel. Doch wo sollte Schuchardt mit seinen Grabungen beginnen? Und was würden sie finden?

Im Gegensatz zu anderen Stätten hatten die Wissenschaftler ein konkretes Bild von dem was sie erwarten konnten, denn der Geschichtsschreiber Saxo Grammatikus zeichnete bereits mit seiner Abhandlung von den „Taten der Dänen“ ein aufschlussreiches Bild vom Fundort zum Zeitpunkt seiner Blüte...

Die Feste Arkun lag auf dem erhabenen Gipfel eines Vorgebirges. Im Norden, Osten und Süden wurde sie im natürlichen Schutz abfallender Felswände vom Meer umschlossen. Im Westen aber schützte ein fünfzig Ellen großer Wall mit Holzwerk die Feste. Dahinter befand sich ein breiter Gürtel mit Wohnhäusern. Ihm schloss sich in Richtung Osten ein großer Platz an und hier erblickte man das Heiligtum: Es bestand aus einer äußeren Halle, welche durch einen purpurfarbenen First bedeckt wurde und aus einer inneren Halle, die auf vier Pfosten ruhte und sich nur durch glänzende Vorhänge von der äußeren Halle abgrenzte. Im Zentrum befand sich eine kolossale Bildsäule mit vier Köpfen. Sie hielt in der Rechten ein metallisches Trinkhorn, welches einmal jährlich nach der Ernte mit Met gefüllt wurde. Zur Seite waren Zaun, Sattel und ein großes silbernes Schwert gestellt, die ebenso zu gläubigen Ritualen genutzt wurden. Der Raum selbst durfte nur durch einen Priester betreten werden. Er hatte langgewachsenes Haar und trug einen Bart. Die sorgfältige Reinigung der Räume verlangten von ihm, dass er sie nicht mit seinem menschlichen Atem verunreinigte.


Aufriß der Fundamentfreilegung auf Arkona durch Dr. Carl Schuchhardt. Die Zeichnung wurde 1921 angefertigt.

Nüchtern dokumentierte Schuchhardt die Überreste der Feste: Die Basislinie des Walles war 190 Meter lang. Am Nordende erreichte er eine Höhe von 13 Metern – nach Süden viel diese auf 8 bis 9 Meter ab. Die Breite der Burg von Osten nach Westen betrug 125 Meter. Die eingeschlossene Fläche senkte sich von der Spitze im Osten gegen Westen um 6,5 Meter ab. Sie lag durchschnittlich 40 Meter über dem Meeresspiegel. Schuchhardts Gesicht verzieht sich. Das eigentliche Problem sind die Uferabspülungen mit denen die Natur an der Feste nagt. Von ihnen berichtete schon Pastor Mildahn in seinem Brief am 6. Februar 1726 an A. G. Schwartz: „Auf Wittow ist von dem Platz, wo Arkona gelegen, nur noch ein Platz 2 Musqueten-Schuß in der Länge und ein in der Breite oder 2-3 Morgen Feld groß... Schuchhardt: „Der Abbruch geht Jahr für Jahr unaufhaltsam weiter...“ Schuchardt überlegt. Nach seinen Erkenntnissen hatte Arkona seit 1168 über 100 Meter an Boden verloren. Direkt an der östlichen Spitze des Burgraumes - am Abbruchufer – stößt er gemeinsam mit Robert Koldewey – dem Entdecker von Babylon – auf steinerne Fundamente: Eine 21 Meter lange Fundamentmauer, an deren beiden Enden sich ein 4 bzw. 5 Meter langes kürzeres Stück im rechten Winkel anschließt. Schuchhardt: „drei oder vier Schichten von faustgroßen Feuer- und Granitsteinen befanden sich übereinander, und die Breite des Fundaments betrug 2 Meter...“ Da deren Öffnung sich in Richtung der Abbruchkante befand, mussten alle Schlussfolgerungen zum Grundriss des Gebäudes aber spekulativ bleiben. Ähnlich verhielt es sich mit den in der Fläche befindlichen Einzelfundamenten, die sich innerhalb der Umfassungsmauer fanden. Vermutet wurden aber aufgehende Pfeiler, die eine Tragkonstruktion hielten und weiter meint Schuchhardt: „Dies war die Basis des Swantevitbildes gewesen, die nach Saxo unter Boden lag, so dass die Füße des Bildes dicht auf dem Boden aufstanden.“ Allerdings wird diese Ansicht 1958 von E. Dyggve in seiner „Formositas Romanica“ komplett in Frage gestellt werden. Nach seiner Auffassung handelte es sich bei den freigelegten Fundamenten eher um die Überreste der frühesten massiven Kirche von Arkona, die als Nachfolgerbau der 1169 durch Bischof von Absalon geweihten Holzkirche entstand. Begründet wird dies mit den sich nicht deckenden Angaben von Saxo Gramatikus und mit der Schlussfolgerung, dass es eines steinernen Fundamentes für einen als Pfahlbau beschriebenen Tempels oder für die von den Dänen errichtete erste Holzkirche nicht bedurft hätte.

Es ist ein ruhiger Tag am Kap Arkona. Schuchardt sitzt auf dem Erdwall und lässt seine Blicke zur Grabungsfläche gleiten. Die Worte der „Knytlinga Saga“ erfüllen sich in seiner Fantasie:

„Da sagte der König zu Sóne Ebbason und einigen Männern bei ihm, sie sollten in die Burg Arkun gehen und zu den Götzentempel, der dort war; und er gebot ihm, den Götzen nieder zu hauen, der Swantvit hieß und aus der Burg herauszubringen und alles aus dem Götzentempel zu nehme, was Geldes wert war. Aber die, die in der Burg waren, wagten es nicht, ihn herauszubringen, und sie fürchten sich sehr vor seinem Zorn. Da gingen Bischof Svein und Sóne Ebbason hinzu und hieben das Götzenbild nieder; Darauf warfen sie ihm einen Strick um den Hals und zwangen die Ranen selbst, ihn herauszuziehen. Aber als er draußen war, wunderten sich alle Heiden, daß er nicht im Stande war, sich selbst zu helfen, und glaubten an ihn nicht mehr so wie vorher. Darauf gingen die Männer hin und hieben ihn in Stücke und verbrannten ihn unter ihren Kesseln. Da sahen die Ranen, daß sie betrogen waren, und glaubten von nun an nicht mehr an ihn.“

So steht es geschrieben. Ein Mythos. Aber was ist wahr? Das klare Bild beginnt zu verschwimmen. Und die Überlieferungen? Auch für Carl Schuchardt waren sie Fluch und Segen zugleich...


Bei den nachfolgenden Grabungen beim Burgwall von Charenza entstand diese Aufnahme. Zu sehen sind von links nach rechts: Prof. Dr. Stiehl, der Garzer Bürgermeister Dr. Stoffers und Dr. Carl Schuchhardt (Foto: Museum Garz)

(Der Dank für die Darstellung der Ereignisse auf der Burg Charenza von Franz Münster und für das Foto von Prof. Dr. Stiehl, der Garzer Bürgermeister Dr. Stoffers und Dr. Carl Schuchhardt geht an das Museum Garz) 

Weitere Informationen zum Museum Garz

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