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Landseitig wird der Baukörper von den endlos hintereinander gestaffelten Treppenhäusern aufgebrochen

Pünktlich zum Neujahr führte uns unsere Streifzüge über die Insel. Dieses Mal ging es nach Prora, jenen Ortsteil von Binz, der bis heute viele Besucher anzieht. Dabei ist es schwer zu sagen, was heute mehr Interesse auslöst: Das war war? Oder: Das was ist?
Der Anblick von der Seeseite hat eine leichte Krümmung

Wer sich aus dem Ostseebad Binz über die Strandpromenade nach Prora aufmacht, hat dabei immer einen seitlichen Blick auf die Ostsee und den Strand, an welchem auch bei stürmischen Tagen, wie diesem, zahlreiche Menschen unterwegs sind. Die Promenade führt uns dabei direkt an den Block 1. Und mit diesem beginnt auch schon der eigentliche Bau, der noch heute gerne als "längstes Haus der Welt" bezeichnet wird. Immerhin soll der bauliche Komplex einmal an die 4,5 Kilometer lang gewesen sein. Das erinnert mich immer wieder an meine Großmutter, die mir schon als Kind von einem Besuch in Prora kurz nach dem Ende des zweiten Weltkriegs berichtete. Schon damals kursierten diese Superlative und Prora wurden auch als "Bau eines Wahnsinnigen" bezeichnet.

Seitlicher Blick seeseitig auf die Fassade, die von Balkonen durchbrochen ist

Das alles drückt vielleicht aus, warum man so etwas einmal gesehen haben möchte. Wer dabei die Möglichkeit hätte mittels einer Zeitmaschine das Datum zurück zu drehen, würde wahrscheinlich noch mehr staunen, denn: Man würde die Proraer Heide als einen sehr schönen Naturflecken entdecken können. Interessant auch, dass hier die Aufnahmen zu dem Film "Der Dschungel ruft" gedreht wurden. Und heute? Dies, so soll es jedenfalls Robert Ley gesagt haben, soll die Idee vom Führer (Adolf Hitler) selbst gewesen sein: "Er sagte mir eines Tages, dass man nach seiner Meinung ein Riesenseebad bauen müsse, das Gewaltigste und Größte von allem bisher Dagewesenen...“ Und in der Tat, das Ausmaß ist auch für zahlreiche Gäste heute kaum faßbar und scheint beim Ablaufen nicht enden zu wollen: Statt der 8 Trakte pro Hotelblock wurden später sogar 11 Trakte geplant. Die zentral angeordnete Festhalle – ein Entwurf des Architekten Erich zu Putlitz – musste in den Gesamtentwurf von Clemens Klotz eingearbeitet werden.

Blick durch die Bäume auf das Wasser der Prorer Wiek

Das der Gesamtentwurf für das „KdF-Seebad Rügen“ 1937, das später 20.000 Gäste aufnehmen sollte, auf der Weltausstellung in Paris mit dem Grand Prix ausgezeichnet wurde, sagt sicher auch einiges über den damaligen Zeitgeist aus. Dieser Hang zur Uniformität hielt sich auch über den zweiten Weltkrieg hinaus. Allerdings erzeugt der Anblick von der Seeseite eben bis heute eine gewisse triste Wirkung, die nur durch eine leichte Krümmung der gesamten Nord-Süd-Achse des Gesamtbauwerkes – auf 500 Meter Länge etwa 2 Grad – für den Betrachter leicht abgeschwächt wird. Auch heute können die Balkone - außer im Norden - diesen Eindruck kaum aufbrechen. Immerhin: Der Blick gilt dem Wasser! Landseitig wird der Baukörper dagegen von den endlos hintereinander gestaffelten Treppenhäusern aufgebrochen, in denen ursprünglich die sanitären Einrichtungen liegen sollten.

Blick zu den unsanierten Komplex-Teilen im Norden von Prora

Kenner der einstigen Planung dürften über die vor einigen Jahren vorgestellte Planung zum Bau eines "Bücherturms" kaum überrascht gewesen sein. Denn auch westlich hinter dem zentralen Festplatz sollte einst ein Turmcafé entstehen, welches allerdings nur die dreifache Höhe der Hotelblöcke erreichen sollte, und so eine Besichtigung der Gesamtanlage ermöglicht hätte. Nachdem man also die Proraer Heide zu roden begonnen hatte, legte man am 2. Mai 1936 den Grundstein für das "Seebad Rügen". Es war damals eines der größten Propaganda-Bauten des Nationalsozialismus. Die "Arbeiterstadt" begann zu wachsen. Ein Sägewerk lieferte das Holz und der Kies wurde über eine Feldbahn aus Zirkow antransportiert. Ein zusätzliches Mischwerk sorgte auch für den Baustoff: Beton. Und den gibt es noch reichlich in Prora zu sehen.

Landseitige Fassaden-Gestaltung im Norden

1939 waren sieben der acht Hotelblöcke und ein Teilbereich des südlichen Empfangsgebäudes im Rohbau fertig gestellt worden. Die Saisoneröffnung musste allerdings "ins Wasser fallen". Stattdessen gab es auf der kriegsbedingt stillgelegten KdF-Großbaustelle Einquartierungen: Notlazarett, Mutter-Kind-Heim und die Beherbergung von ausgebombten Familien, Flüchtlinge und Heimatvertriebenen. Damit endete auch die vierte Phase der Entwicklung der Seebäder, die sich noch heute an ihrem Baustil vom Rügischen Bodden bis an die Ostküste der Insel Rügen nachvollziehen lassen.

Die neuen Gebäude mit Toiletten und einem Rettungsturm am Strand der Prorer Wiek

Obgleich man nach dem zweiten Weltkrieg mit der militärischen Nutzung der Gesamtanlage durch die Nationale Volksarmee (NVA) und ihrer Vorläufer begann, so wurde dennoch in Prora Urlaub gemacht. Hier im Block 1 der Anlage gab es zur Zeit der DDR das Erholungsheim "Walter Ulbricht". Und: Auch das Deutsche Jugendherbergswerk (DJH) betrieb bis 1999 - mit etwa 600 Betten! - die größte Jugendherberge Deutschlands. Heute lässt sich eine Jugendherberge im Norden der Anlage besuchen. Ansonsten gab es jedoch nach dem politischen Umbruch von 1989 erst einmal die Suche nach dem richtigen Umgang mit dem Gebäudekomplex, der von Nationalsozialismus und Sozialismus so nachhaltig geprägt wurde. Die Antwort, die daruf eine Museumsmeile geben wollte, wurde dabei von der Anlage in Betongold als Geschäftsmodell verdrängt. Begünstigt wurde dies auch durch steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten, denn: Prora ist ein Denkmal!

Plastik "Sportler" (1976) von Jürgen Raue - bei der Jugendherberge im Norden des Gebäudekomplexes

In Zeiten von Niedrigzins ist das einstige Prestige-Objekt des Nationalsozialismus damit zum Ziel von Projektentwicklern geworden, die die Gunst der Stunde nutz(t)en und bereits viele Interessenten zu einer Geldanlage bewegen konnten. Überall wird in Prora seitdem gewerkelt und alles ist in Bewegung. Erst kürzlich wurden drei neue Gebäude am Strand von Prora mit Rettungstürmen des DLRG und Toiletten fertiggestellt. Noch flattern einige der rotweißen Abspannbänder im stürmischen Wind des neuen Jahres, doch die Häuser werden schon von den Gästen genutzt. Neben neuen Eigentümern gibt es auch viele neue Mieter in Prora. Die kommen auch von der Insel, wei die Kennzeichen beispielsweise auf den Parkplätzen im nördlichen Abschnitt von Prora verraten. Von der Entwicklung des Binzer Ortsteiles machen sich an diesem Tage viele ein eigenes Bild. Vielleicht suchen sie auch eine Antwort, was von der Geschichte des Ortes noch geblieben ist. Die Antworten darauf könnten sicher nicht unterschiedlicher sein. Das mag auch auf die Frage, ob Immobilien die neue Blase sind, zutreffen.


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