Eines der Ergebnisse des Versuches Pommern nach dem 2. Weltkrieg aus dem Bewusstsein seiner Bewohner zu tilgen, verbindet sich auch mit der Bernsteinstadt, die in seiner westlichen Grenzregion zu finden ist:
Am 1. Juli 1950 wurde das mecklenburgische Ribnitz und das pommersche Damgarten, welche durch den Grenzfluss Recknitz getrennt sind, gegen den Willen beider Stadtvertretungen zusammengelegt und wuchs zu einer Doppelstadt: Ribnitz-Damgarten – die Bernsteinstadt. Sie liegt heute übrigens innerhalb des pommerschen Landkreises Vorpommern-Rügen. Und: Während sich die Ostseeschmuck GmbH, mit ihren mecklenburgischen Wurzeln nun diesseits der Recknitz befindet, hat sich das heutige Bernsteinmuseum aus einem 1963 im Heimatmuseum eingerichteten „Bernsteinzimmer“ jenseits der Recknitz entwickelt.
Zweifellos hat die Beschäftigung mit der Entstehung, dem Finden und der Förderung von Bernstein sowie dessen Verarbeitung dabei auch mit der Etablierung von Bernstein-Erzeugnissen als „Fischlandschmuck“ durch den Ribnitzer Goldschmied Walter Kramer und nach dessen Enteignung mit der Fortführung der Bernsteinbearbeitung als VEB Ostseeschmuck zu tun. Nach der Übernahme einer pommerschen Sammlung von der Insel Usedom trug das Museum ab 1975 dann jedoch auch die Bezeichnung als Bernsteinmuseum. Ergänzt durch Leihgaben hat sich die Einrichtung so in den letzten Jahrzehnten zur bedeutendsten Bernsteinsammlung Deutschlands entwickelt.
Eine letzte und vielleicht auch sehr bedeutende Aufwertung des seit 2000 als Deutsches Bernsteinmuseum bezeichneten Museums erfolgte allerdings mit der ab diesem Jahr dauerhaften Präsentation einer über 250 Exponate umfassenden Sammlung der TUI AG.
Der einst als PREUSSAG firmierende Konzern entstand im Dezember 1923 durch die Umwandlung Preussischen Staatsbesitzes, zu denen neben Bergwerken, Hütten und Salinen auch Bernsteinwerke gehörten, in eine Aktiengesellschaft. Dies erklärt, dass 1926 – als die von der PREUSSAG maßgeblich vorangetriebene Gründung der Staatlichen Bernstein-Manufaktur Königsberg (SBM) erfolgte – diese an ihr nicht nur eine Mehrheitsbeteiligung hatte, sondern auch als PREUSSAG nach dem zweiten Weltkrieg auch Rechtsnachfolgerin wurde.
Es ist auch der Grund, weshalb die TUI über eine aus Bernsteinsammlung der Königsberger SBM verfügen konnte, die durch ihre Präsentation in der Türkei den zweiten Weltkrieg unbeschadet überstand und so auch seit 2024 im Deutschen Bernsteinmuseum gezeigt werden kann.
Dabei ist die „Wappen von Danzig“ – eine Bernstein-Kogge – zweifellos das Flaggschiff der heute wieder präsentierten Bernsteinerzeugnisse. Das in etwa 6.000 Arbeitsstunden durch den Bernsteinschnitzer Carl Dreher (1881-1967) aus 46 kg Bernstein geschaffene Modell eines bewaffneten Schiffes der Hanse war – ergänzt durch weitere sehenswerte und wertvolle Unikate der Staatlichen Bernstein-Manufaktur Königsberg - nicht nur Mittelpunkt der Ausstellung „Das Deutsche Gold“ sondern auch Werbeträger der Bernsteinindustrie und Deutschlands im Ausland – so u. a. in Chicago, London, Prag oder Amsterdam.
Das Deutsche Bernsteinmuseum bildet mit seiner heutigen Vielfalt auch ein Stück ostdeutscher Geschichte ab, zu dessen Besonderheiten sicher auch die Nachbildung eines Amulettes in Form eines Bären aus Stolp gerechnet werden darf, dessen Original sich heute in Stettin befindet.
Ein Besuch dieses inhaltlich lehrreichen und wegen der hier präsentierten Bernstein-Objekte außergewöhnlichen Museums ist einen Besuch wert, der sich vielleicht mit einer Reise an die pommersche Ostseeküste verbinden lässt.
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