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Heute waren wir dort, wo einst die "Unterirdischen" hausten - genauer: wo die "Grauen" Unterirdischen (auch die "Griesen" genannt) sich heimisch fühlten. Sie galten auf Rügen ja einst als die Gefährlichsten für den Menschen. wie die "Schwarzen" Unterirdischen (die man vom Garzer Wallberg kennt) - Beide haben Mädchen nachgestellt, Säuglinge vertauscht und mit den Menschen ihren Schabernack getrieben. Wo wir nun waren? Nein, nicht bei den neun Bergen nahe Rothenkirchen sondern in Berglase. - Über die zwischen 1847 und 1850 gebaute Chaussee kamen wir an den Rande der Niederung. Hier liegt der Flecken Berglase, wo einst auch das Benutzungsgeld für die Chaussee erhoben wurde.

Ob der 1314 erstmals urkundlich erwähnte Ort etwas mit der Familie von Berglase zu tun hatte, die zum rügenschen Adel zählte und auch einen Landvogt stellte, ist anzunehmen. Wie dem auch sei: Die Bedeutung des Namens liegt im Dunkeln. Briglavitze, wie der Ort damals genannte wurde, taucht in der Ersterwähnung mit 14 steuerbaren Hakenhufen auf und wird nur wenige Jahre später als "Berglasede" bezeichnet. 1577 soll es hier bereits 5 Bauernhöfe gegeben haben. Etwas über Einhundert Jahre später ist dann jedoch bereits das Gut der Familie von Normann, die auch zum rügenschen Adel gehörte, verzeichnet. 

Es ist anzunehmen, das auch hier die Bauern gelegt wurden. Anfang des 19. Jahrhunderts wird dann jedenfalls als Eigentümer des Gutes der Hauptmann und Ritter Wilhelm Friedrich Ludwig von Bagevitz genannt und spätestens ab 1840 etwa soll es der Familie von der Lancken auf Plüggentin (heute Teil von Samtens) gehört haben. Zu jener Zeit war hier nachweislich der Gutspächter F. W. Herberg. Das Gut Berglase umfasste bereits um die 500 ha und verfügte sogar über eine eigene Ziegelei.. Dann ging das Gut in den Besitz des Rittmeisters Freiherr von Langen über - um 1900 muss der Gutspächter ein Herr Tönnies gewesen sein. Zum Freiherrn von der Langen ist anzumerken, dass er später im 1. Weltkrieg der Kommandeur des 2. Landsturm-Infanterie-Batallons II 19 (Insel Rügen) war und 1928 als deutscher Dressurreiter den Olympiasieg mit Draufgänger in Amsterdam holte.

Aus der Zeit kurz vor der Jahrhundertwende (1899) ist uns überliefert, dass südlich der Chaussee Samtens - Garz, die die Feldmark Berglase durchschneidet, eine Wiese mit moorigem Untergrund gelegen hat. Zu ihr verlief ein schmaler Feldweg. Um nun von dieser Wiese das gewonnene Torf abfahren zu können, erhielten ein Gutsarbeiter und zwei Schnitter den Auftrag, einen 100 Schritt langen und 3 Schritt breiten Damm mit Weidensträuchern und "Quäcke" anzulegen. Doch der Arbeiter zündete plötzlich, den bereits fertigen Damm am Sonntag, den 4. Juni, mit einem Streichholz an, so dass er über die Hälfte abbrannte und ein Schaden von 200 Reichsmark (RM) entstand. Der Brandstifter bekam, wie bekannt wurde, wegen der vorsätzlicher Sachbeschädigung einen Freiheitsentzug von 9 Monaten. 

Noch etwas ist von Bedeutung: In Pommern gibt es Bezeichnungen des Waldes, der einfach schlicht "Busch" genannte wird, was also dem Holz gleichkommt. Bekannt auf Rügen ist u. a. der Gremminer Busch. Aber auch bei Berglase gibt es einen entsprechenden Wald, die "Buschwisch" liegt im Berglaser Holz. Dort war übrigens auch ein beliebter Nistplatz für die Saatkrähen. Aus diesem Grunde fand alljährlich im Sommer das Jagen der Krähen statt. So auch 1906. Dazu fanden sich Mitglieder des ornithologischen Vereins in durch den Freiherren von der Langen bereitgestellten Wagen in den Tannen von Berglase ein. Gemeinsam mit Pächtern der Gegend und dem Förster schossen die 24 Schützen nun an die 1.000 Krähen ab, die im Anschluss in Säcken von Sammlern aus Garz und Stralsund weggeschafft wurden. Die Jagd klang übrigens mit einem Abendessen beim Gastwirt Vetterick in Samtens aus...


Dann, im Herbst 1920, wechselte das Gut zur Pflug Baltersbach Saatzucht - G. m. b. H., die nun aus dem Saarländischen Ottweiler (Gut Baltersbach) nach Berglase verlegt wurde. Das Gut hatte zu jener Zeit eine Größe von 625 ha. Neben kalkreichem, tiefgründigen Lehmboden war hier auch leichter Sand vorhanden und die Höhenlage der Feldmark betrug 12 m über dem Meeresspiegl. Die Bedingungen waren für den Betrieb gut: Die jährliche Niederschlagsmenge betrug im Durchschnitt 500 mm und das Klima war ausgezeichnet - ein spätes Frühjahr, geringe Niederschlagsmengen im April und Mai sowie starke rauhe Winde.

Hier wurde Pflug´s Baltersbacher Winterroggen - u. a. mit den Sorten "Ertragreich" und "Frühreif" - und ferner die Sommergerste "Extensiv", "Intensiv"  und "Normal" sowie die Pflug´s Baltersbacher Felderbse gezüchtet. Allerdings starb Heinrich Pflug bereits kurze Zeit darauf mit nur 52 Jahren und wurde auf dem Friedhof in Samtens beigesetzt. 1925 firmierte der Betrieb dann unter Rabbethge-Giesecke-Pflug Saatzucht G. m. b. H. Später wurde das Gut dann aufgesiedelt.

Heute erlauben uns Nachfragen noch einen kleinen Blick in den Alltag Zeit der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts - also vor etwa 100 Jahren:

"Im Juli 1926 hatte der Garzer Arbeiter Ehlert den Sohn des Berglaser Schmiedemeisters vor dem Tode durch Ertrinken gerettet. Dieser hatte sich über den eigentlichen Badeplatz hinaus in das "abgründig tiefe Wasser" das Kreidebruchs Klein-Stubben gewagt... Im November 1926 wird dann ein Russe in Trent verhaftet, der in den Schnitterkasernen - u. a. in Berglase - unterwegs war, unter allerlei Namen reiste und der die Leute um ihr Geld durch Wahrsagen und Kartenlegen brachte. 

Das auch die Berglaser ihre Sicht auf die Dinge hatten, wird vielleicht durch eine Notiz aus dem Jahre 1928 deutlich. Ein Bergener Beamter, der zwischen 6 und 7 Uhr am Abend zwischen Berglase und Tolkmitz unterwegs war, fuhr in ein unbeleuchtetes Einspanner-Fuhrwerk. Mit viel Glück kam er mit Armverstauchungen und einer kaputten Lederjacke unter dem Fuhrwerk zu liegen - Der Fuhrwerkbesitzer indes machte sich nicht mal die Mühe vom Wagen zu steigen und das Motorrad darunter herauszuziehen...

Aber auch einiges andere wissen alte Unterlagen zu berichten: Vom Fahrrad-Diebstahl über das Entwenden und Schlachten von Hühnern sowie von Urkundenfälschung durch einen ehemaligen Gutsarbeiter ist u. a. im "Stralsunder Tageblatt "die Rede. Aber auch von Raufereien zwischen hiesigen und fremden Arbeitern. Dabei ging es vor gut hundert Jahren nicht gerade "zart" zur Sache. Mit Messern, Knüppeln und sogenannten "Totschlägern" gingen die Rivalen aufeinander los. 

Aber auch Jagden fanden statt: So wurde am 4. Januar 1929 eine Treibjagd veranstaltet auf der 87 Hasen und 3 Fasanen erlegt wurden. Kurz darauf, am 12. Februar führte man eine Holzversteigerung durch. Obgleich die Nachfrage gering war, wurden Kloben für 8.50 Reichsmark (RM), Knüppel für 6,50 RM und Zacken für 2,50 RM pro Meter verkauft. Im gleichen Jahr wurde der zum Gutshof Berglase gehörende Bauernhof in Dumrade , der bis 1927 an den Landwirt Albert Krüger verpachtet war und dann zum Hauptgut geschlagen wurde, mit nun etwa 170 Morgen wieder eingerichtet und an den langjährigen Berglaser Hofmeister. Friedrich Kaiser, verpachtet.

Dann brannte im November 1929 eine Scheune nieder. Unter Verdacht stand der Vorschnitter Kalka. Er wurde am 11. Dezember 1929 verhaftet und zum Amtsgericht nach Bergen gebracht. Allerdings musste er nach 11 Tagen schon wieder entlassen werden, da die Verdachtsgründe nicht stichhaltig waren..."

Doch zurück zum Gut, welches aufgesiedelt wurde - neben dem Pfarrhof waren 1939 in Berglase als Eigentümer verzeichnet: Wilhelm Stöber, Otto Lietz, Wilhelm Bahlshüsemann, Karl Binderstädt, Otto Dieckmann, Heinrich Niederdeppe, August Riedel und Reinhold Rühe. Letzterer betrieb mit 97 ha die größte landwirtschaftliche Fläche (Einheitswert: 77.000 RM). Das Gutshaus verfügte zudem über den einzigen Telefonanschluss (Samtens 72). 

1945 wurde Familie Rühe enteignet - doch nach Bodenreform, Kollektivierung der Landwirtschaft und politischem Umbruch 1989 konnte die Familie Rühe das Gutshaus der Vorfahren zurück erwerben und es sanieren. Keine leichte Aufgabe: Denn nachdem es Mietshaus mehrerer Mietparteien geworden war, brannte es 1988 aus. Henning Rühe betreibt in Berglase wieder einen landwirtschaftlichen Betrieb.  

Das Besondere an Berglase ist heute vielleicht noch die vorhandene Ortsstruktur. Wie auf der Karte schon zu sehen befindet sich nördlich der Gutshof - mit seinem Gutshaus und den Wirtschaftsgebäuden. Direkt an der Chaussee die Berglaser Kathen. 



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